Immer wieder ist Electronic Arts’ Umgang mit der Star Wars Marke ein Kuriosum. Sie besitzen die Lizenz für die Spieleproduktion der größten Unterhaltungsmarke aller Zeiten und dies immerhin seit dem Jahre 2013, sind selber der finanziell stärkste Publisher der Industrie, haben aber seit genau sieben Jahren nur vier Spiele veröffentlich, die den ikonischen Star Wars Schriftzug tragen. Star Wars Battlefront aus dem Jahre 2015 war das erste davon und endete mit einer sehr kläglichen Rezeption und hatte abseits von toller Visualität nur sehr wenig zu bieten. Battlefront 2 startete mit einem buchstäblichen PR-Desaster und vermutlich einem der größten Aufschreie von Spielern aller Zeiten, als das Spiel mit einem der kundenunfreundlichsten Monetarisierungsmodelle aller Zeiten aufwartete. Nur langsam konnte es sich über mehrere Jahre hinweg wieder die Gunst der Spielerschaft zurückerarbeiten.
Das erste Singleplayer-Spiel der Star Wars Marke lieferte EA mit Respawn Entertainments Star Wars Jedi Fallen Order und konnte damit zum ersten Mal durchweg positive Kritiken einheimsen. Zusammen mit der stark positiven Entwicklung von Battlefront 2 schien EA nun erstmals den richtigen Weg mit dem Umgang der Marke gefunden zu haben. Der Ruf war zumindest teilweise wiederhergestellt, die Erwartung nun für die kommenden Titel hoch.
Umso überraschender ist es, dass EA nun als nächstes mit Star Wars Squadrons keinen vollwertigen Titel bringt, sondern ein kleineres Spiel, dass sich nur auf den Raumkampfaspekt des Franchises konzentrieren soll. Kann Squadrons den Aufwärtstrend von EA, was die Star Wars-Marke betrifft, fortführen?
Konzentration und Bescheidenheit
Star Wars Squadrons, entwickelt von EA Motive, ist ein richtiger kleiner Diamant geworden. Es zeigt auf hervorragende Art und Weise, wie die Superlative der heutigen Spielelandschaft nicht der einzige Weg zu einem tollen Werk sein müssen. Squadrons möchte sich nicht mit den höchsten Maßeinheiten der Industrie messen, es möchte nicht grösser als alle anderen, komplexer, oder schöner sein. Das Ziel von EA Motive ist es sich hier einen wundervollen und einzigartigen Aspekt von Star Wars zu nehmen und diesen so wunderbar befriedigend und geschmeidig ins Spielemedium zu übersetzen wie nur möglich. In Squadrons geht es nur um den Raumkampf und die Instrumente, die dafür benutzt werden, sowie die Figuren, die darin involviert sind. Keine Jedi, keine Sith, sondern einfache Piloten und Offiziere, keine massiven Todessterne und AT-ATs sondern TIE-Fighter und X-Wings,
Squadrons nimmt sich das Fliegen im Weltraum, das Schießen und Ausweichen, die ikonischen Soundeffekte von Sternzerstörer, X-Wing und TIE-Fighter und zaubert daraus einen wunderbar immersiven, in seinen Mechaniken überraschend tiefgreifenden und in seiner Präsentation aufregenden Flugshooter ohne in jeglichem Bereich über die Stränge zu schießen. Die verschiedenen Mechaniken der einzelnen Flugzeuge sowie die Modifikationsmöglichkeiten sorgen für tolle Abwechslung und eine angenehm befriedigende Lernkurve, die Matches beider Multiplayermodi bauen eine einzigartige Aufregung und gleichzeitige Immersion auf vor allem je besser man die Spielmechaniken beherrscht. Der strenge Fokus auf diesen einen Aspekt des Raumkampfes ermöglicht, dass man ein teilweise genial durchdachtes Gameplay- und Designfundament aufbauen konnte, ohne dass sich das Spiel durch unnötige Beilagen aufgeblasen anfühlt. Alle Ecken und Enden sind geschliffen und poliert und EA Motive erreicht genau die Wirkung und das Endprodukt, was beabsichtigt wurde.
Man muss hierbei leider auch eine unbeliebte Gegenseite aufzeigen, die aus derselben Wurzel resultiert wie die Schokoladenseite von Squadrons. Dem Spiel geht teilweise doch schnell die Luft aus. Wo die tollen Spielmechaniken eine interne Motivation liefern das Spiel viel zu spielen und zu lernen, fehlen bei dem fast schon «zu» kundenfreundlichen Belohnungssystem eine externe. Und ein Spiel, welches langlebig sein und in dem reisserischen Fluss der gegenwärtigen Maße an Unterhaltungsprodukten länger in den Köpfen der Spieler verbleiben möchte, muss schlicht beides liefern können. Der Multiplayer von Squadrons verliert schnell fast seine gesamte Attraktion und fühlt sich zu früh repetitiv und unspektakulär an, auch genau weil das Spiel einem nicht mehr bietet als sein tolles Fundament. Die Skins und anderen Belohnungen, die der Spieler möchte, sind schnell gekauft, die täglichen Challenges sind demotivierend da keine wirklichen Belohnungen existieren und die Karten aufgrund weniger Vielfalt schnell veraltet sind. Und dieser leider zu schlank geratene Inhalt von Squadrons und dieses schnelle Gefühl von Repetition ist genau deswegen so frustrierend da das Fundament und alles was das Spiel eigentlich grundlegend ausmacht wirklich so viel Potenzial bietet.
Man darf diesen Grund der schlichten Magerkeit des Produkts aber sehr wahrscheinlich nicht dem Entwicklerstudio EA Motive anklagen sondern dem großen Geldgeber Electronic Arts selbst, der hier wohl einfach nicht an einen finanziellen Erfolg des Produktes geglaubt hat und die Entwickler mit einem kleinen Budget abspeist. Selbst die Assets und grafischen Aspekte wurden vermutlich von dem großen Battlefront 2 einfach wiederverwendet, womit EA Squadrons wohl nur als kleinen Wiederverkauf des Raumkampfes von Battlefront 2 wahrgenommen hat. Dass Squadrons soviel mehr ist und noch viel mehr sein könnte (und teilweise fast schon E-Sport Potenzial bietet) wurde hier leider übersehen.
Bringe die Macht ins Gleichgewicht
Worin sich der wahre Kern und Fokus von Squadrons findet ist überraschenderweise in der Kampagne. Hier hat EA Motive mit einem stark limitierten Budget doch noch einiges herausholen können und eine wunderbar interessante und liebevolle Geschichte geschrieben. Das Gameplay bietet teilweise spektakuläre Sequenzen mit ebenjenen tollen Spielmechaniken aber die eigentliche Stärke dieser Kampagne liegt vor allem in seinen warmen und nahbaren Figuren, der tollen Atmosphäre und vor allem wie detailgenau und sorgfältig mit dem Star Wars Kanon umgegangen wird. Sympathische Charaktere erzählen eine zweigleisige und gleichgewichtete Geschichte von Seiten des Imperiums einerseits und der neuen Republik auf der anderen, bauen nostalgische und auch spannende Anekdoten und Verbindungen zu bereits bekannten Geschichten auf, und vergessen dabei nicht auch in sich selbst narrativ zu funktionieren.
Die Musik, die teilweise aus John Williams legendärem Soundtrack aus den Filmen, teilweise aber auch aus eigenen originalen Stücken des Spiels besteht, hebt die Atmosphäre und die gewohnt heroische und familiär-warme Stimmung einer Star Wars Geschichte auf ein Maximum, die Präsenxtation inklusiver herausragendem Detailgrad in Vorder- und Hintergründen der Level unterstreichen die nur noch einmal. Die Kampagne von Squadrons lässt sich das limitierte Budget kaum anmerken und vermag Star Wars Gefühl und Atmosphäre ersten Grades zu vermitteln.